Selbstständig in der eigenen Wohnung – ist das immer erlaubt?
Viele Selbstständige arbeiten in der eigenen Miet- oder Eigentumswohnung. Doch nicht immer ist es ratsam, einfach ein Gewerbe an der Wohnadresse anzumelden. Insbesondere wenn sich die gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit auf die Umgebung auswirkt, können nicht nur Vermieter oder Eigentümergemeinschaft und die Nachbarn ihr Veto einlegen.
Auch die jeweilige Stadt oder zuständige Gemeinde hat meist individuelle Regelungen zu Gewerbebetrieben in Wohngebieten. Doch bis zu welchem Umfang ist Berufstätigkeit zu Hause ohne Probleme möglich? Und ab wann müssen Genehmigungen von Vermieter und Gemeinde eingeholt werden?
Sonderstellung des Wohnraummietvertrages
Im deutschen Mietrecht wird unterschieden, ob eine Immobilie zu gewerblichen Zwecken oder als Wohnraum angemietet wird. Diese Unterscheidung ist im Mietverhältnis sehr wichtig, da sämtliche Regelungen zum Mieterschutz nur für Wohnungen gelten. Auch die im Mietrecht bestehenden Einschränkungen der Vertragsfreiheit gelten nur für Wohnraum.
So sind in Wohnungsmietverträgen Klauseln, die den Mieter über das übliche Maß hinaus einschränken, unwirksam. Dazu zählen beispielsweise Vertragsbestandteile die Duschen und Baden nur zu bestimmten Zeiten erlauben oder das Streichen der Wände in bunten Farben verbieten. Gewerbliche Mietverträge unterliegen keinen derartigen Beschränkungen.
Wohnraum
- steht unter besonderem Schutz
- Ort der Nahrungszubereitung und -einnahme
- Waschen und Körperpflege
- Schlafplatz
- Heim und Besitz
Beinahe alle Vertragsklauseln sind hier zulässig. Ist eine Immobilie als Wohnraum vermietet, kann der Eigentümer auf vertragsgemäße Nutzung bestehen. Wird die Wohnung ausschließlich zu beruflichen Zwecken genutzt, berechtigt das den Vermieter zur Kündigung. Das gilt jedoch nicht, wenn die Räume dem Mieter hauptsächlich als Wohnraum dienen und nur teilweise gewerblich oder freiberuflich genutzt werden.
Es ist zwar grundsätzlich zulässig in den Mietvertrag Klauseln aufzunehmen, die jede gewerbliche Nutzung des Wohnraumes ausschließen. Doch der Mieter kann nachträglich um Erlaubnis bitten, die Wohnung auch anderweitig nutzen zu können. Nach einem Urteil vom 10.04.2013 des Bundesgerichtshofes (Aktenzeichen: VIII ZR 213/12) muss der Eigentümer diese auch erteilen, sofern die angestrebte Tätigkeit die Mietsache und andere Hausbewohner nicht mehr beeinträchtigt als eine reine Nutzung zu Wohnzwecken.
Es ist daher davon auszugehen, dass Klauseln, die gewerbliche Nutzung grundsätzlich untersagen, unwirksam sind. Sie schränken die persönliche Lebensgestaltung des Mieters nach Ansicht der Rechtssprechung zu sehr ein.
Die Außenwirkung ist entscheidend
Solange die berufliche Tätigkeit nicht nach außen hin sichtbar wird, ist kaum mit Problemen zu rechnen. Das gilt nicht nur für gelegentlich beruflich genutzte Computer, Telefone oder Faxgeräte. Auch die Einrichtung eines Arbeitszimmers in der Wohnung ist kein Hindernis für den vertragsgemäßen Gebrauch als Wohnraum.
Tritt die gewerbliche Nutzung aber nach außen in Erscheinung, verändert das die Situation. Das ist bereits bei einem am Haus angebrachten Firmenschild der Fall. Werden darüber hinaus andere Hausbewohner und sonstige Nachbarn über das übliche Maß hinaus beeinträchtigt, kann von einer nicht vertragsgemäßen Nutzung ausgegangen werden.
Das ist beispielsweise bei Lärm durch laute Maschinen der Fall. Aber auch die Beschäftigung von Mitarbeitern in der Wohnung oder Kundenverkehr von mehr als drei bis vier Personen pro Tag können unzumutbare Belastungen darstellen.
Arbeit in der Wohnung
- Beeinträchtigung der Nachbarn ist entscheidend
- Arbeit darf weder Lärm noch übermäßigen Kundenverkehr bedeuten
- Arbeit im Home Office ist zu genehmigen
- Handarbeiten und Kunst sind zu genehmigen
In diesen Fällen ist der Vermieter berechtigt, seine Zustimmung zu verweigern. Beendet der Mieter die gewerbliche Nutzung trotz Aufforderung durch den Eigentümer nicht, ist eine Kündigung der Wohnung wegen Vertragsverletzung zulässig. Ferner muss der Wohnraumcharakter der Immobilie erhalten bleiben.
Das betrifft im Besonderen bauliche Veränderungen. Ist die Wohnung aber als Wohnraum erkennbar und wird auch als solcher genutzt, kann der Vermieter kaum berechtigte Einwände gegen die berufliche Nutzung vorbringen. Das gilt laut einem Urteil des BGH vom 14.7.2009 (Aktenzeichen VIII ZR 165/08) selbst dann, wenn der Mieter seinen Beruf nicht nur teilweise, sondern ausschließlich innerhalb der Wohnung ausübt.
Künstleratelier ja, Bordellbetrieb nein
Auch für freiberuflich tätige Künstler wie Musiker, Schriftsteller und Maler ist es von Bedeutung, ob Künstler- und Atelierwohnungen im Mietrecht als gewerbliche Immobilien oder als Wohnraum gelten. Solange die Tätigkeit nicht nach außen in Erscheinung tritt, gilt eine Atelierwohnung nach gängiger Rechtssprechung immer als Wohnraum. Laut einem Urteil des LG Berlin vom 29.01.1993 (Aktenzeichen 65 S 422/91) ist die Nutzung als Atelierwohnung zulässig, solange sie Lebensmittelpunkt des Mieters bleibt.
Ungeachtet ob durch die dort ausgeübte künstlerische Tätigkeit ein Teil der Einkünfte oder die gesamten Einnahmen erzielt werden. Für Gutachter und Übersetzer wurde die Zulässigkeit häuslicher Arbeitsausübung ebenfalls von Gerichten bestätigt, beispielsweise im Urteil vom 29.01.1993 vom LG Berlin (Aktenzeichen S 422/91).
Anders verhält es sich, wenn andere Mieter oder Eigentümer durch eine freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit belästigt werden. So ist zum Beispiel Prostitution in Wohnräumen meist nicht zulässig, wenn sich Nachbarn durch im Hausflur anzutreffende Freier gestört fühlen.
Auch der Vermieter ist verpflichtet auf vorhandene Mieter Rücksicht zu nehmen, wenn er für die Gewerbeausübung in einem Wohnhaus die Erlaubnis erteilt. Fühlen sich Mieter beeinträchtigt, können sie gegen die Vermietung von Nachbarwohnungen zu gewerblichen Zwecken, insbesondere Prostitution, klagen.
Gewerbeausübung im Wohngebiet
Doch nicht nur Vermieter und Nachbarn können der Gewerbeausübung entgegen stehen. In vielen Städten und Gemeinden gibt es sogenannte Zweckentfremdungsverordnungen. Diese erlauben jedoch in den meisten Fällen die Gewerbeausübung, sofern die Wohnung nur teilweise gewerblich genutzt wird.
Sonderregelung Heimarbeit
- Hauptwohnsitz des Mieters
- keine Angestellten
- örtliche Regelungen beachten
- Zweckentfremdung vs. Nutzungsänderung
Weitere Voraussetzungen sind, dass es sich um den Hauptwohnsitz des Gewerbetreibenden handelt und keine Mitarbeiter beschäftigt werden. Das jeweilige Rathaus gibt Auskunft darüber, ob es am eigenen Wohnort eine solche Verordnung gibt und welche Regelungen gelten. Doch auch wenn keine Zweckentfremdung vorliegt, kann es sich immer noch um eine Nutzungsänderung im Sinne der jeweils geltenden Verordnungen handeln.
Auch hier ist meist die Außenwirkung entscheidend. Tritt die ausgeübte Tätigkeit nach außen hin in Erscheinung, kann die Genehmigung der Bauaufsichtsbehörde erforderlich werden. Dies ist meist bei Publikumsverkehr, erhöhtem Abfall- und Emissionsaufkommen oder Lärm der Fall. Ist ein Gebiet als reines Wohngebiet ausgewiesen, so sind nicht selten nur freiberufliche aber keine gewerblichen Tätigkeiten zugelassen.
In der Regel sind jedoch Ausnahmen möglich, wenn das Gewerbe keine Beeinträchtigung der Umgebung mit sich bringt. Es können nach einer Gewerbeanmeldung spezielle Müllabfuhrgebühren in Rechnung gestellt werden, da seitens der Stadt zusätzlicher Abfall vermutet wird. Das lässt sich jedoch meist klären, wenn dargelegt werden kann, dass durch die angemeldete Tätigkeit kein Müll anfällt.
Zu Hause arbeiten ist grundsätzlich erlaubt
Gewerbliche und freiberufliche Tätigkeiten im Wohnraum sind in der Regel problemlos möglich, solange sie außerhalb der Wohnung nicht in Erscheinung treten. Das gilt für Telearbeit am heimischen Computer genauso, wie für Bürotätigkeiten im eigenen Arbeitszimmer.
Das ändert sich allerdings, sobald Publikumsverkehr, Mitarbeiter und Lieferanten, das Firmenschild an der Hauswand oder gar laute Produktionsmaschinen auf der Bildfläche erscheinen. Dann ist es besser, sich im Vorfeld abzusichern, um nicht eine Kündigung wegen nicht vertragsgemäßer Nutzung zu riskieren. Die hätte schließlich nicht nur den Verlust der Wohnung, sondern auch der in das Gewerbe getätigten Investitionen zur Folge.