Es gibt viele gute Gründe, einen zweiten Wohnsitz zu haben. Gibt es in der Nähe des eigentlichen Wohnortes keinen Arbeitsplatz, der zur Qualifikation passt und attraktive Chancen bietet, bleiben in der Regel nur zwei Möglichkeiten: Entweder nehmen die Betroffenen täglich stundenlanges Pendeln in Kauf oder sie suchen sich am Wohnort eine Wohnung. Um ein Studium oder eine Ausbildung zu absolvieren, wird ebenfalls in vielen Fällen eine zweite Wohnung erforderlich. Wer den ersten Wohnsitz jedoch aus den unterschiedlichsten Gründen nicht aufgeben kann oder will, wird in vielen Städten zur Kasse gebeten und muss eine Zweitwohnsitzsteuer entrichten.
Die rechtlichen Grundlagen der Zweitwohnsitzsteuer
Die Gemeinde Überlingen am Bodensee war die erste Kommune, die eine Steuer auf Zweitwohnsitze einführte. Aus der Sicht des Kämmerers lässt sich die Einführung einer solchen Steuer nachvollziehen. In der Bundesrepublik Deutschland bekommen die Kommunen über die Schlüsselzuweisungen Geld aus dem Staatshaushalt. Die Höhe der Zuweisungen richtet sich nach der Zahl der Einwohner, die in der betreffenden Gemeinde ihren Hauptwohnsitz angemeldet haben. Diejenigen, die mit Nebenwohnsitz gemeldet sind, nutzen zwar auch die Infrastruktur der Gemeinde oder der Stadt, tragen jedoch nicht zum Steuerausgleich bei. Die Schlüsselzuweisung dieser Personen kommt ausschließlich dem Hauptwohnort zu Gute.
Um diesen Nachteil auszugleichen, folgten im Laufe der Zeit immer mehr Kommunen dem Vorbild von Überlingen und führten ebenfalls eine Zweitwohnsitzsteuer ein. Die Steuer trägt nicht überall die gleiche Bezeichnung. Weitere Namen für diese Steuer sind Zweitwohnungsabgabe, Nebenwohnsitzsteuer, Zweitwohnungs- oder Nebenwohnungssteuer. In jedem Falle handelt es sich um eine Kommunalsteuer, die von der betroffenen Stadt oder Gemeinde erhoben wird. Viele Bürger wehrten sich, diese Abgabe zu entrichten. Doch das deutsche Grundgesetz (Artikel 105 Absatz 2a) räumt den Ländern das Recht ein, örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern zu erheben und die Zweitwohnsitzsteuer wurde als solche Aufwandsteuer bestätigt. Die meisten Bundesländer haben dieses Recht an die Kommunen übertragen. Entsprechende Regelungen sind in der Regel in den Kommunalabgabegesetzen zu finden.
Welche Räumlichkeiten unterliegen der Steuerpflicht und wie wird die Zweitwohnsitzsteuer berechnet?
Für welche Wohnungen, Räume oder Gebäude Zweitwohnsitzsteuer erhoben werden darf, ist ein häufiger Streitpunkt zwischen Bürgern und Verwaltungen. Während manche Kommunen jeglichen Wohnraum besteuern, definieren andere Gemeinden eine abgeschlossene Wohneinheit, zu der Zimmer, Küche beziehungsweise Kochnische und Bad mit WC gehören. Selbst für Gartenhäuschen oder Lauben, die eigentlich nicht als dauerhafter Wohnraum geeignet sind, bitten manche Gemeinden die Besitzer zur Kasse.
Ein weiteres Kriterium bei der Einstufung kann das Vorhandensein von Fenstern oder die Art der Wasser- und Energieversorgung sein. Besonders hart trifft es Besitzer von Wohnmobilen und Campinganhängern in München und einigen anderen Kommunen, die ebenfalls zur Zweitwohnsitzsteuer veranlagt werden, wenn sie diese mobilen Unterkünfte für ‚Zwecke des persönlichen Lebensbedarfes‘ auf dem eigenen oder einem fremden Grundstück über eine längere Zeitdauer hinweg abstellen.
Als Maßstab für die Berechnung der Zweitwohnsitzsteuer ziehen die meisten Kommunen die Jahreskaltmiete oder die Jahresrohmiete heran. Einige Kommunen verwenden die Wohnfläche als Maßstab zur Berechnung der Steuer und setzen die ortsüblichen Mieten an. Der Steuersatz variiert von Kommune zu Kommune sehr stark. Die Spanne reicht von etwa 5 % bis zu 35 % der Jahreskaltmiete. Im bundesweiten Durchschnitt liegt der Steuersatz bei rund 10 %.
Möglichkeiten, die Zweitwohnsitzsteuer zu umgehen
Gelegentlich wird die Einführung der Zweitwohnsitzsteuer als eine Art Luxussteuer gerechtfertigt. Schließlich können es sich die Betroffenen leisten, einen zweiten Wohnsitz zu führen. In der Realität sind es oft Berufstätige, die ohnehin schon erheblichen finanziellen Belastungen ausgesetzt sind. Speziell für Studenten kann die Zweitwohnsitzsteuer eine erhebliche Härte bedeuten. Aus versicherungsrechtlichen Gründen ist es für die jungen Leute oft sinnvoll, den Wohnsitz im elterlichen Haus nicht aufzugeben. Müssen sie für die schlichte Studentenbude in der überlaufenen Zweitwohnsteuer in Höhe von 10 % oder mehr zahlen, kommen Studierende zwangsläufig an finanzielle Grenzen.
Die Klage eines Berliner Studenten blieb jedoch erfolglos. In seinem Urteil vom 17.02. 2010 (Aktenzeichen II R 5/08) kam der Bundesfinanzhof zu dem Schluss, dass Studierende, die in Berlin wohnen und gleichzeitig hier oder in einer anderen Gemeinde mit Hauptwohnsitz gemeldet sind, für die Studentenwohnung in Berlin zur Zweitwohnsteuer herangezogen werden dürfen. Das gilt ebenfalls für die sogenannten ‚Kinderzimmerfälle‘, in denen die Studierenden noch ein Zimmer im elterlichen Haus haben. Die Studierenden, die keine Zweitwohnsitzsteuer zahlen können oder wollen, sind also gezwungen den Hauptwohnsitz im ehemaligen Zuhause abzumelden. Das gleiche gilt für viele andere Betroffene. Da die Zahl der Kommunen kontinuierlich wächst, die Zweitwohnsteuer erheben, bleibt in vielen Fällen nur der Taschenrechner um herauszufinden, welcher Ort als Zweitwohnsitz günstiger wird.
Etwas anders liegt der Fall bei Eheleuten, die aus beruflichen Gründen einen zweiten Wohnsitz führen müssen. Am 11.10.2005 urteilte der erste Senat des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG AZ: 1 BvR 1232/00 und 1 BvR 2627/03), dass das Erheben einer Zweitwohnsteuer in solchen Fällen die Ehe diskriminiere und damit gegen den Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes verstoße. Im konkreten Fall hatte eine Ehepaar jeweils an den Beschäftigungsorten eine Zweitwohnung gemietet. Laut Meldegesetz sind die Eheleute gezwungen, die gemeinsame Wohnung der Familie als Hauptwohnsitz anzumelden. Sie haben dadurch nicht die Möglichkeit, die Zweitwohnsteuer am Beschäftigungsort durch eine Ummeldung zu umgehen.In bestimmten Fällen darf keine Zweitwohnsteuer erhoben werden. Von der Zweitwohnsteuer ausgenommen sind beispielsweise:
- Wohnungen in Alten- und Pflegeheimen
- Unterkünfte, die für therapeutische Zwecke von öffentlichen oder institutionellen Trägern bereitgestellt werden
- Straftäter, die ihre Haft in einer Justizvollzugsanstalt antreten
- Polizisten und Soldaten, die in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht sind
Darüber hinaus werden zum Beispiel in Bayern diejenigen von der Zweitwohnsteuer befreit, deren Einkünfte bestimmte Grenzen nicht überschreiten (Art. 3 III S.2,3 BayKAG).