Erbengemeinschaft – rechtliche Rangordnung bei der Vererbung von Grundstücken und Immobilien
Nach dem Tod eines Erblassers, der eine Immobilie oder ein Grundstück besessen hat, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Dies bedeutet, dass die Immobilie in vielen Fällen an eine Erbengemeinschaft übergeht. Hat der Verstorbene ein Testament hinterlassen und eine Person als neuen Besitzer der Immobilie bestimmt, gibt es eventuelle Ansprüche aus dem Pflichtteil. Diese Vorgaben machen das Vererben von Immobilien und Grundstücken einigermaßen kompliziert. Besitzer von Immobilien und ihre Nachkommen sollten demnach rechtzeitig über die Angelegenheiten sprechen. Wird dies versäumt, gibt es in einer Erbengemeinschaft nicht selten Auseinandersetzungen. Diese können vermieden werden, wenn die Gesetze und die rechtliche Rangordnung beim Vererben einer Immobilie bekannt sind.
Gesetzliche Erbfolge greift auch bei Immobilien
Die gesetzliche Erbfolge regelt die Ansprüche von Ehepartnern, Kindern und deren Nachkommen. Wenn ein Mensch stirbt, erbt der Ehepartner, wenn der Verstorbene verheiratet war. Gibt es leibliche oder adoptierte Kinder, erben diese die Hälfte. Die Eheleute können in einem sogenannten Berliner Testament verfügen, dass ihre Kinder das Erbe erst antreten können, wenn der zweite Ehepartner verstorben ist. Dies gilt jedoch nur für leibliche Kinder beider Ehepartner. Ist das Kind nur mit einem Elternteil verwandt, erbt es nach dessen Tod, denn nach dem Versterben des überlebenden Ehepartners hätte es aufgrund der fehlenden Verwandtschaft keinen Erbanspruch mehr.
Ist der Verstorbene nicht verheiratet, erben die Kinder zu gleichen Teilen. Ist eines der Kinder bereits verstorben, erben die Enkel. So setzt sich die gesetzliche Erbfolge fort. Hatte der Verstorbene keine Kinder, erben Eltern, Geschwister der Anverwandte. Der Anteil berechnet sich ebenfalls nach der Erbfolge. Diese gilt auch, wenn eine Immobilie vererbt wird.
Gibt es kein Testament, gehören Kinder, Enkel und weitere direkte Nachkommen zu den Erben erster Ordnung. In zweiter Ordnung erben Eltern, Geschwister, Nichten, Neffen und deren Nachfahren. Gibt es keine Erben zweiter Ordnung, werden in dritter Ordnung Großeltern, Onkel, Tanten, Cousins, Cousinen und deren Nachfahren erbberechtigt. In vierter Ordnung erben Großonkel, Großtante und deren Nachfahren.
Hat der Verstorbene kein Testament hinterlassen, werden mögliche Erben vom Amtsgericht gesucht. Sie können sich auch selbst melden. Die Suche wird einige Jahre fortgesetzt. Nur wenn kein Erbe gefunden wird und kein Testament erlassen wird, erbt der Staat die Immobilie.
Erbengemeinschaft bei einer Immobilie
Stirbt ein Immobilienbesitzer, wird zunächst geschaut, wer im Grundbuch eingetragen ist. Ist er alleiniger Eigentümer der Immobilie gewesen, erben der Ehepartner und die Kinder zu gleichen Teilen. Liegt ein Berliner Testament vor, können die Kinder nur ihren Pflichtteil fordern. Dieser beträgt die Hälfte ihres eigentlichen gesetzlichen Erbes. Anspruch auf die Immobilie haben sie nicht, denn das Pflichtteil wird ausschließlich in Geld gewährt.
Ist der Ehepartner Mitbesitzer der Immobilie, erbt er ein weiteres Viertel. Den Kindern würde in diesem Fall das letzte Viertel zustehen. Bei einem überlebenden Ehepartner geht die Immobilie in der Regel erst an die Nachkommen über, wenn der letzte Ehepartner verstorben ist.
Liegt ein Testament vor, in dem ein Kind als neuer Besitzer der Immobilie bestimmt wurde, gelten die weiteren Kinder als enterbt. Sie haben Anspruch auf ihren Pflichtteil und können die Auszahlung vom Erben verlangen. Eine echte Erbengemeinschaft ergibt sich, wenn für die Immobilie kein Testament vorliegt. In diesem Fall erben die Nachkommen die Immobilie zu gleichen Teilen, gemessen an der Rangordnung, der sie nach dem Erbfolgegesetz angehören.
Wenn die Immobilie an mehrere Erben übergeht
Hatte der Verstorbene Kinder, erben diese die Immobilie zu gleichen Teilen. Ist ein Kind bereits verstorben, teilen sich dessen Kinder den Anteil. Ein Beispiel:
Der Verstorbene hinterlässt ein Haus mit Grundstück, dass er selbst bewohnt hat. Es handelt sich um das Elternhaus von drei Kindern. Kind A und Kind B leben noch. Kind C ist verstorben und hinterlässt drei Enkel des Verstorbenen. Diese erben den Anteil von Kind C zu gleichen Teilen. Dies bedeutet:
Kind A und Kind B erben je ein Drittel des Hauses. Die Nachkommen von Kind C teilen sich dessen Drittel. Jeder wird demnach ein Sechstel bekommen.
Das Erbe kann sehr einfach aufgeteilt werden, wenn niemand der Kinder oder Enkel das Haus übernehmen möchte. Dann wird es verkauft und das Geld wird gemäß dem Anteil an die Nachkommen verteilt. Vorher werden alle Kosten abgezogen, die mit dem Verkauf in einem Zusammenhang stehen.
Komplizierter wird es, wenn einer der Nachkommen das Haus selbst bewohnen möchte. In diesem Fall muss er alle übrigen Erben auszahlen. Kind A und Kind B können nur ein Drittel des Wertes beanspruchen, den das Haus zum Zeitpunkt des Todes hat. Sie müssten zwei Drittel an Geldmitteln aufbringen, um die Geschwister, Nichten und Neffen auszuzahlen.
Möchte einer der Enkel des Verstorbenen das Haus übernehmen, gehört ihm nur ein Sechstel des Wertes. Er müsste fünf Sechstel aufbringen, um das Haus in seinen alleinigen Besitz überführen.
Streitigkeiten bei der Übernahme der Immobilie
Grundsätzlich kann jeder der Erben die Immobilie für sich beanspruchen. Schwierig wird es, wenn mehrere Erben gern einziehen möchten und auch in der Lage sind, die anderen Erben auszuzahlen. In diesem Fall muss innerhalb der Familie eine Entscheidung getroffen werden. Die Gerichte können nicht für den einen oder anderen Erben entscheiden, weil alle das gleiche Recht besitzen. Zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt es jedoch häufig im Zusammenhang mit der Auszahlung der anderen Erben. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn einer der Erben zusammen mit dem Verstorbenen in dem Haus gewohnt hat. Selbst wenn das Haus per Testament in seinen Besitz übergegangen ist, muss er den anderen Nachkommen das Pflichtteil auszahlen. Ist er dazu nicht in der Lage, muss er einen Kredit aufnehmen. Im schlimmsten Falle muss die Immobilie veräußert werden, es sei denn, die anderen Erben verzichten rechtswirksam auf ihren Pflichtteil.
Der Erblasser hat keine Kinder
In diesem Falle werden Erben zweiter, dritter und vierter Ordnung gesucht. Auch hier verteilt sich das Erbe gemäß dem Verwandtschaftsgrad. Im Unterschied zu den Erben erster Ordnung ist für die Immobilie eine höhere Erbschaftssteuer fällig. Dies trifft vor allem Erben dritter und vierter Ordnung, die nicht von hohen Freibeträgen profitieren. Nicht selten kommt es in diesem Fall zu einem Verkauf der Immobilie, weil die Erben die hohe Erbschaftssteuer, die auch für Immobilienwerte anfällt, nicht bezahlen können. Die Erbschaftsteuer wird auf den Verkehrswert der Immobilie zum Zeitpunkt des Todes berechnet.
Wenn sich weitere Erben melden
Nicht selten kommt es vor, dass sich nach dem Tod des Immobilienbesitzers plötzlich Erben melden, von denen nie etwas bekannt war. So kann ein Mann mit einer anderen Frau ein Kind gezeugt, seiner neuen Familie davon aber nichts erzählt haben. Wurde dieses Kind nicht per Testament enterbt, hat es den gleichen Anspruch wie die Kinder, die bei dem Verstorbenen aufgewachsen sind und mit ihm in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben. Das Kind kann Anspruch auf das Haus erheben oder aber den Geldwert von dem Erben fordern, der das Haus übernimmt. Sollte die Immobilie verkauft werden, hat es den gleichen Anspruch auf den Erbteil wie die anderen Kinder.
Die Immobilie wird an eine dritte Person vererbt
Der Immobilienbesitzer kann sein Haus oder Grundstück auch einer dritten Person vererben, mit der er nicht verwandt ist. In diesem Falle bekommen die Kinder das Pflichtteil, das sie in einem Geldwert fordern können. Außerdem muss der neue Besitzer eine sehr hohe Erbschaftssteuer zahlen, denn die Freibeträge sind bei Erben, die nicht mit dem Erblasser verwandt waren, sehr niedrig. Diese Forderungen sollten bedacht werden, wenn die Immobilie an eine Person vererbt wird, mit der der Erblasser nicht verwandt war.