Wann scheitert eine Zwangsversteigerung?

Der zentrale Abschnitt des Zwangsversteigerungsverfahrens ist der Versteigerungstermin, bei dem Sie als Bieter in einer Verhandlung Gebote für die Ersteigerung einer Immobilie abgeben können. Der erste Grund, weshalb eine Zwangsversteigerung scheitern kann, ist der Umstand, dass im Versteigerungstermin überhaupt kein Gebot abgegeben wird. Des Weiteren kann eine Zwangsversteigerung scheitern bzw. vorzeitig beendet sein, wenn die abgegebenen Gebote nicht an die Wertmindestgrenzen heranreichen oder wenn, der das Verfahren betreibende Gläubiger entsprechende Anträge zur Einstellung stellt. Möglich sind auch Verfahrensfehler des Vollstreckungsgerichts.

Die Wertmindestgrenzen

Die bloße Position als Meistbietender alleine genügt nicht, um eine bestimmte Immobilie ersteigern zu können. Vielmehr ist das Vollstreckungsgericht im Rahmen der Versteigerung an gesetzlich vorgeschriebene Wertmindestgrenzen gebunden. Zu beachten sind im Laufe des gesamten Zwangsversteigerungsverfahrens mehrere Mindestwertgrenzen.

Es handelt sich um die:

  • 5/10-Grenze
  • 7/10-Grenze
  • 3/10-Grenze

Sie bieten beim Versteigerungstermin den Betrag, der durch Zahlung zu erbringen ist. Nicht enthalten in Ihrem Bargebot sind die bestehen bleibenden Grundbuchrechte. Ebenso wenig enthalten sind in Ihrem Bargebot die außerhalb des geringsten Gebots bestehenden Rechte und möglichen übrigen Belastungen. Diese Wertfaktoren gehören nicht zu dem von Ihnen gebotenen Betrag und bleiben daneben bestehen. Bargebot und bestehen bleibende Rechte sind jedoch bei den sogenannten Wertmindestgrenzen zu beachten.

ZwangsversteigerungScheiternGrenzen

Der erste Versteigerungstermin

So dient im ersten Termin die 5/10-Grenze dem Schutz des Schuldners, die 7/10-Grenze dem Gläubigerschutz. Das Vollstreckungsgericht hat den Zuschlag für das abgegebene Meistgebot zu verweigern, wenn:

  • nicht mindestens 50 % des festgesetzten Verkehrswertes erreicht oder
  • nicht mindestens 70 % des Verkehrswertes erreicht werden und der Gläubiger einen Antrag auf Versagung des Zuschlags stellt.

Erstes Beispiel: Ausgangsfall

Ein Einfamilienhaus wird versteigert. Der Verkehrswert liegt bei 200.000 €. Daraus folgt eine 5/10-Grenze in Höhe von 100.000 € und eine 7/10-Grenze in Höhe von 140.000 €.
Den Versteigerungsbedingungen zufolge bleibt kein Grundbuchrecht bestehen. Daraus ergeben sich folgende Mindestwertgrenzen:

  • 5/10 -Grenze = mindestens 100.000 €
  • 7/10 -Grenze = mindestens 140.000 €

Das Meistgebot von 80.000 € scheitert in diesem Fall bereits an der 5/10-Grenze, da es um 20.000 € unterhalb dieser Grenze liegt.

Zweites Beispiel: Abwandlung des Ausgangsfalls

Dasselbe Einfamilienhaus wird versteigert. Der Verkehrswert liegt wie oben bei 200.000 €. Die 5/10–Grenze beträgt 100.000 €, die 7/10 -Grenze 140.000 €. Dieses Mal bleibt nach den Versteigerungsbedingungen eine Grundschuld in Höhe von 80.000 € mit 18 % p.a. Zinsen bestehen.
Daraus ergeben sich folgende Mindestwertgrenzen:

  • 5/10 -Grenze = mindestens 100.000 € (20.000 € Bargebot + 80.000 € Grundschuld)
  • 7/10 -Grenze = mindestens 140.000 € (60.000 € Bargebot + 80.000 € Grundschuld)

Das abgegebene Meistgebot von 120.000 € scheitert in diesem Fall nicht an der 5/10-Grenze, wohl aber an der 7/10-Grenze, wenn von Gläubigerseite der Zuschlag verweigert wird, weil 20.000 € zu wenig geboten wurden.

Der zweite Versteigerungstermin

Kommt es im ersten Termin zur Abgabe von Geboten, erfüllt jedoch das abgegebene Meistgebot nicht die Mindestwertgrenzen, wird der Zuschlag versagt. In diesem Fall setzt das Gericht einen zweiten Versteigerungstermin an. Dazu kommt es außerdem, wenn gar keine Gebote abgegeben wurden.

Im zweiten Versteigerungstermin fallen die Mindestwertgrenzen fort. Im Rahmen dieses zweiten Termins kann der Zuschlag schon erfolgen, ohne, dass die 5/10- und die 7/10-Grenzen zu beachten sind. Mit der 3/10-Grenze kommt jedoch in einem zweiten Versteigerungstermin eine weitere Mindestwertgrenze zum Tragen.
Danach ist ein Meistgebot daraufhin zu überprüfen, ob eine „Verschleuderung“ der Immobilie vorliegt. Diese Überprüfung erfolgt dadurch, dass das Vollstreckungsgericht den Zuschlag aussetzt und Gläubiger wie Schuldner zur Stellungnahme auffordert. Erst hiernach ist ein endgültiger Zuschlag möglich.

Drittes Beispiel: Weitere Abwandlung des Ausgangsfalls

Eigentumsgarantie

Es darf unter dem Aspekt der grundgesetzlichen Eigentumsgarantie zu keiner „Verschleuderung“ des Grundbesitzes kommen.

Dasselbe Einfamilienhaus wird versteigert. Der Verkehrswert liegt bei 200.000 €. Die 3/10-Grenze beträgt 60.000 €. Eine Grundschuld besteht nicht. Das abgegebene Meistgebot auch im zweiten Termin liegt bei 40.000 €. Das Vollstreckungsgericht verweigert in diesem Fall zunächst den Zuschlag. Gläubiger und Schuldner werden zur Stellungnahme aufgefordert. Erst im Anschluss daran entscheidet das Vollstreckungsgericht, ob der Zuschlag erteilt wird. Dabei hat das Gericht sorgfältig abzuwägen, ob der Zuschlag erteilt werden kann, ohne, dass dies für den Eigentümer unangemessene Nachteile mit sich bringt.

Einstellungsbewilligung

Dem Gläubiger steht es frei, eine Einstellung der Zwangsversteigerung zu bewilligen, wenn er z. B. mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung (Ratenzahlungen etc.) getroffen hat. Die Durchführung einer Zwangsversteigerung wird in diesem Fall für den Gläubiger entbehrlich. Das Motiv einer Einstellungsbewilligung kann auch darin begründet sein, dass der Gläubiger hierdurch dem Zuschlag für ein finanziell weniger attraktives Meistgebot zuvorkommen will. Mit der Einstellungsbewilligung wird der Verfahrensgang gestoppt, während die Beschlagnahmewirkung bestehen bleibt. Dadurch wird auch weiterhin der Schutz der Gläubiger gewahrt.

Möglich ist die Einstellungsbewilligung im Zeitraum des Verfahrensbeginns bis zu dem Zeitpunkt, in dem es zur rechtskräftigen Zuschlagsentscheidung kommt. Einer Begründung durch den betreibenden Gläubiger bedarf es nicht. Formell muss der Gläubiger seine Einwilligung oder sein Einverständnis mit der Aufhebung des Versteigerungstermins schriftlich oder zu Protokoll des Gerichts erklären.

Zeitdauer der Einstellung

Grundsätzlich wirkt die Einstellung lediglich für sechs Monate. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt der Aufklärung des Gläubigers über den Fristenlauf, d. h. in der Regel mit Zustellung des Einstellungsbeschlusses. Es kommt zur Aufhebung des Zwangsversteigerungsverfahrens von Amts wegen, wenn binnen dieser Zeit beim Gericht kein schriftlicher Fortsetzungsantrag gestellt wird. Wird die Einhaltung dieser Frist versäumt, ist keine nachträgliche Heilung dieses Versäumnisses mehr möglich. Das Zwangsversteigerungsverfahren bleibt in einem solchen Fall aufgehoben.
ZwangsversteigerungScheiternVerfahren

Verlängerung der Einstellung

Der die Einstellung bewilligende Gläubiger kann auf einen erneuten Antrag hin die Fortsetzung des Verfahrens bewirken und zugleich die erneute Einstellung des Verfahrens für weitere sechs Monate herbeiführen. Entscheidend ist, dass die Bewilligung vor Ablauf der ersten Einstellungsfrist abgegeben wird.

Nur zwei Mal innerhalb eines Zwangsversteigerungsverfahrens kann eine Einstellungsbewilligung von dem gleichen Gläubiger abgegeben werden. Die dritte Bewilligung führt zwangsläufig zur Verfahrensaufhebung. Eine Besonderheit gilt für Gläubiger, die die Zwangsversteigerung aus verschiedenen Rechtspositionen durchführen. Diese Gläubiger können für jede geltend gemachte Rechtsposition jeweils zweimal Einstellung beantragen bzw. bewilligen.

Beispiel:

Herr Müller betreibt die Zwangsversteigerung aus einem eingetragenen Recht der Abteilung III und ebenfalls aus einem persönlichen Anspruch. Er kann jeweils zweimal die Einstellung bewilligen.

Auswirkung einer Einstellungsbewilligung

Für die anderen betreibenden Gläubiger einer Zwangsversteigerung hat die Einstellungsbewilligung eines Gläubigers keine Auswirkungen. Jeder betreibende Gläubiger muss seinerseits über eine Einstellung entscheiden. Die Ansprüche des Gläubigers, dessen Verfahren eingestellt ist, bleiben bei der Berechnung des geringsten Gebots außen vor. Daraus folgt, dass das Recht des nun passiv betreibenden Gläubigers bestehen bleibt.

Fehlerhaftes Versteigerungsverfahren

Eine Zwangsversteigerung kann auch aufgrund eines Verfahrensfehlers scheitern. Gläubiger wie Schuldner können in einem solchen Fall den Versteigerungstermin vollständig aufheben oder einen bereits erteilten Zuschlag aufheben lassen. Mögliche Fehler sind:

  • fehlerhafte Orts- und Terminbestimmung,
  • fehlerhafte oder fehlende Angaben von Rechten einzelner Gläubiger oder Dritten,
  • falsche Angabe einer Wohnfläche,
  • fehlender Hinweis auf die Nutzungsart der Immobilie (gewerblich, privat oder gemischt),
  • Verwechslung von Ackerland und Bauland.