Wohneigentum: Kauf ohne Eigenkapital

Während man in früheren Zeiten ohne entsprechende Rücklagen von einer eigenen Immobilie nur träumen konnte, ist die Baufinanzierung aktuell unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Eigenkapital realisierbar. Dank des aktuell niedrigen Zinsniveaus sind die Bedingungen für den Hauskauf ohne eigenes Geld äußerst günstig. Dieser Finanzierungsweg birgt jedoch große Nachteile und eignet sich längst nicht für jeden Bauherrn.

Arten der Finanzierung ohne Eigenkapital

Für die Finanzierung einer Immobilie ohne Eigenkapital gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten. Bei der 100-Prozent-Variante wird lediglich der Kaufpreis über Kredite finanziert. Der Käufer trägt sämtliche Kaufnebenkosten wie die Grunderwerbsteuer, die Grundbuchgebühren, die Notarkosten und die Maklergebühren selbst. Dagegen müssen bei der 110-Prozent-Finanzierung, auch Vollfinanzierung genannt, alle fälligen Nebenkosten ebenfalls über das Hauptdarlehen oder einen separaten Privatkredit abgedeckt werden. Das Eigenkapital des Käufers beläuft sich in diesem Fall tatsächlich auf null.
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Risiken einer Immobilienfinanzierung ohne eigenes Geld

Ob Sie sich für eine Hausfinanzierung mit Eigenkapital, eine 100-Prozent-Finanzierung oder die 110-Prozent-Variante entscheiden: Die Risikoverteilung ist überall gleich. Das Kreditinstitut trägt das Risiko, das Sie das aufgenommene Darlehen nicht zurückzahlen können. Es vergibt den Kredit und sichert sich mittels Eintragung der Grundschuld ab.

Tritt der Ernstfall ein, dient die Immobilie als Sicherheit. Werden Sie als Käufer zahlungsunfähig, kann die Bank sich mit Hilfe einer Zwangsversteigerung einen Teil der offenen Forderungen zurückholen. Der Erlös einer Zwangsversteigerung liegt jedoch in der Regel zehn bis zwanzig Prozent unter dem Marktwert. Zudem kommen weitere Kosten auf Sie zu, die gleichfalls aus dem Erlös zu zahlen sind. Als Kreditnehmer besteht die größte Gefahr also darin, nicht nur Ihr Haus zu verlieren, sondern auch noch auf den Schulden sitzen zu bleiben. Im schlimmsten Fall droht die Privatinsolvenz.

Ein Kreditinstitut sichert sich immer für den schlimmsten Fall ab und ist in der letzten Konsequenz auch bereit, eine Zwangsversteigerung anzustreben, wenn ein dauerhafter Zahlungsausfall droht.

Das kann sogar dann passieren, wenn die Kreditraten immer pünktlich bedient werden, die Immobilie aber signifikant an Wert verliert. Banken unterliegen der Verpflichtung, die Sicherheiten für die von ihnen vergebenen Darlehen immer wieder neu zu bewerten. Sinkt der Immobilienwert im Vergleich zur Kredithöhe, steigt für die Bank das Risiko. Daher beinhalten die meisten Finanzierungsverträge eine Klausel, nach welcher der Kreditgeber das Recht hat, weitere Sicherheiten einzufordern. Besitzen Sie jedoch kein weiteres Vermögen, das Sie der Bank als Gewährleistung anbieten können, droht die Zwangsvollstreckung, obwohl Sie mit der Ratenzahlung gar nicht in Verzug sind.

Viele Hauskäufer unterschätzen die Risiken einer Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital. Wenn nur eine befristete Arbeitsstelle vorliegt, sollte man diese Finanzierungsform besser nicht in Anspruch nehmen. Zu schnell steht man ohne Arbeit, stattdessen jedoch mit einem riesigen Schuldenberg da. Gefährlich ist auch, wenn sich bei Doppelverdienern durch Unfall, Krankheit oder Schwangerschaft ein Einkommen verringert oder ganz ausfällt.

Gründe für einen Zahlungsengpass

  • Tod eines Kreditnehmers
  • Insolvenz eines Bauunternehmens
  • langfristige Erkrankung
  • spontane Extraausgaben
  • ungeplante Mehrleistungen am Bau
  • fehlende Kostenkontrolle
  • Schwangerschaften
  • Scheidung

Voraussetzungen für eine Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital

Am ehesten erklären sich die Banken zu einer 100-Prozent-Finanzierung bereit, wenn wenigstens die Kaufnebenkosten vom Bauherren übernommen werden. 110-Prozent-Finanzierungen scheitern dagegen häufig am fehlenden Sicherheitsgegenwert für das Nebenkosten-Privatdarlehen, welcher gegebenenfalls gar nicht vorhanden ist.

Weitere wichtige Aspekte sind die Lage und der Zustand der Immobilie. Während sich kaum eine Bank dazu bereit erklären wird, eine heruntergekommene Immobilie in einer unbeliebten Wohngegend zu finanzieren, steigert ein gut erhaltenes Objekt in bevorzugter Lage die Chancen auf eine Finanzierung.

Grundbedingung für eine Hausfinanzierung ohne Eigenkapital ist in jedem Fall eine überdurchschnittliche Bonität, die sich nur durch einen tadellosen Schufa-Eintrag nachweisen lässt. Das Einkommen sollte nicht nur sehr hoch, sondern auch über die gesamte Laufzeit sicher sein. Nur dann können Sie den Nachteilen und Risiken einer solchen Immobilienfinanzierung gelassen entgegensehen. Personen, bei denen das Einkommen schwankt, beispielsweise Freiberufler und Selbstständige, haben deutlich niedrigere Chancen, eine 100-Prozent-Finanzierung oder eine Vollfinanzierung zu verwirklichen.
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Teure Finanzierung durch hohe Zinsaufschläge

Da die Banken bei der Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital ein wesentlich größeres Risiko eingehen, verlangen sie hierfür spürbar höhere Zinsaufschläge. So steigt der Zinssatz durch den Sprung von neunzig auf einhundert Prozent um 0,2 Prozentpunkte. Auf den ersten Blick erscheint das nicht gravierend. Dieser Zinsaufschlag gilt jedoch für das gesamte Darlehen. Wird diese Mehrbelastung nur auf die zusätzlichen zehn Prozent des Kredits umgelegt, beträgt der Zinssatz für diesen Darlehensteil volle 4,24 Prozent und liegt damit deutlich über dem, was man derzeit für die Geldanlage bekommt.

Daher sollten Sie Ihre Kreditsumme stets möglichst gering wählen und alle verfügbaren liquiden Mittel für die Finanzierung der Immobilie aufbringen. Haben Sie Geld in einer Kapitallebensversicherung angespart, lohnt es sich unter Umständen, auch diese zu Geld zu machen.

„Wir empfehlen nach wie vor eine Finanzierung mit einer Eigenkapitalquote von mindestens 20 Prozent. Bei einer Finanzierung ohne oder mit wenig Eigenkapital sollte sich der Kreditnehmer bewusst sein, dass der Risikopuffer Eigenkapital fehlt und dadurch die Belastung höher ist.“ – Deutsche Bank Presse

Versicherungen schützen vor finanziellen Schwierigkeiten

Mit geeigneten Versicherungen sichert man sich vor den finanziellen Auswirkungen einer Zahlungsunfähigkeit ab und kann den Verlust der Immobilie im Ernstfall vermeiden. Risikolebensversicherungen und Restschuldversicherungen springen beispielsweise ein, wenn der Ehepartner zum Pflegefall wird oder stirbt. Eine Berufsunfähigkeit bietet ebenfalls Schutz, da sie das regelmäßige Einkommen übernimmt, wenn der Hauptverdiener seinem Beruf nicht mehr nachgehen kann.
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Finanzieller Spielraum und Tilgungsrate

Bei einer Vollfinanzierung sollten Sie besonders darauf achten, dass Sie Ihre finanzielle Belastbarkeit nicht zu großzügig einschätzen. Planen Sie sorgfältig und stellen Sie einen gut durchdachten Haushaltsplan auf, um die optimale Höhe der monatlichen Raten zu ermitteln. Von Vorteil ist ein Annuitätendarlehen, bei dem die Abschlagszahlungen während der gesamten Laufzeit gleich bleiben.

Bei der Vollfinanzierung fließt ein großer Teil des Ratenbetrags in die erhöhten Zinskosten. Damit die Schulden in kürzerer Zeit abgetragen werden, verlangen die Banken häufig eine anfängliche Tilgungsrate von mindestens zwei Prozent. Zwar schrumpft der Schuldenberg dadurch schneller; die hohen Monatsraten bedeuten jedoch eine nicht zu unterschätzende Belastung.

Hier gilt es, herauszufinden, welcher Kreditgeber den besten Zins bietet, und festzustellen, wie viel Spielraum er hinsichtlich der Tilgungsrate gewährt. So erhält man die Chance auf den passenden Mittelweg, der noch genügend Luft zum Leben lässt. Kommt hierbei kein für Sie akzeptabler Kompromiss zustande, sollten Sie im Zweifelsfall lieber auf eine Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital verzichten.

Eigenkapital schaffen durch Kombination von Baufinanzierung und Bausparvertrag

Die Vollfinanzierung lässt sich ebenfalls durch die Kombination aus Immobilienfinanzierungsdarlehen und Bausparvertrag bestreiten. Bei dieser Variante zahlt man während eines festgelegten Zeitraums, beispielsweise zehn Jahre lang, einen bestimmten Betrag parallel in den Kredit und in den Bausparvertrag ein. Der Anteil, der in das Darlehen gesteckt wird, ist ausschließlich für die Abdeckung der anfallenden Zinskosten gedacht. Die in den Bausparvertrag investierte Summe dient dagegen dem Aufbau von Eigenkapital. Sie wird, wie bei diesen Verträgen üblich, gut verzinst.
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Nach Ablauf der zehn Jahre wird die daraus entstehende Bausparsumme fällig und lässt sich zur teilweisen Tilgung des Hausfinanzierungsdarlehens nutzen. Diese Methode bietet die Möglichkeit, ab Beginn der Vollfinanzierung Eigenkapital zu bilden, das sich nach zehn Jahren einfließen lässt. Hierdurch sinkt das Zinsänderungsrisiko, da die später erforderliche Anschlussfinanzierung zu wesentlich günstigeren Konditionen zu bekommen ist.

Immobilie kaufen ohne Eigenkapital – Experten raten ab

Aufgrund des hohen Risikos raten Experten von einer Baufinanzierung ohne eigenes Kapital ab und sehen auch keinen allgemeinen Trend hin zur 100-Prozent-Finanzierung. Thomas Bieler, früherer Verbraucherschützer der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und jetziger Sprecher der ING-Diba, sagt dazu: „Wir produzieren doch nicht unsere eigene Kreditblase“. Solche Darlehen wären nur etwas für spezielle Kunden. „Etwa, wenn Beamte absolut berechenbare Einkommen erwarten lassen“. Ähnliches lässt die Deutsche Bank verlauten, die eher eine Tendenz zu höheren anfänglichen Tilgungsraten sieht:

Wir empfehlen nach wie vor eine Finanzierung mit einer Eigenkapitalquote von mindestens 20 Prozent. Bei einer Finanzierung ohne oder mit wenig Eigenkapital sollte sich der Kreditnehmer bewusst sein, dass der Risikopuffer Eigenkapital fehlt und dadurch die Belastung höher ist.

Überlegen Sie daher vor Abschluss einer Finanzierung ohne Eigenmittel, ob Sie die hohen Raten wirklich über Jahre hin zahlen können und wollen. Das schönste Haus nützt Ihnen nichts, wenn Sie dafür auf die Erfüllung aller anderen Träume und Wünsche verzichten müssen.