Zwangsversteigerung: Bestimmung des Verkehrswerts

Im Zwangsversteigerungsverfahren ist der Verkehrswert der Immobilie vom Vollstreckungsgericht festzusetzen, nötigenfalls nach Anhörung eines Sachverständigen. Der Rechtspfleger holt dafür in der Regel ein Verkehrswertgutachten eines Sachverständigen ein, wobei es jedoch einiges zu beachten gilt.

Für diesen Prozess funktionell zuständig ist der Rechtspfleger. Vor einem Versteigerungstermin legt das Vollstreckungsgericht den Verkehrswert des Objektes fest, indem ein Sachverständiger bestellt wird, der den Wert ermittelt. Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, vorhandene Gutachten oder im Auftrag der Parteien erstellte Gutachten sowie andere Unterlagen, als Grundlage der Verkehrswertfestsetzung heranzuziehen.

ZwangsversteigerungVerkehrswertAngaben

Das Vollstreckungsgericht

Das Vollstreckungsgericht bedient sich dabei der Richtlinien der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) und der Wertermittlungsrichtlinien (WertR), um einen Verkehrswert festzusetzen. Neue Gutachten können nicht umgangen werden, indem auf ältere Gutachten zurückgegriffen wird. Durch einen gerichtlichen Beschluss setzt das Gericht schlussendlich den Verkehrswert des Objektes fest, indem es sich des Rechtspflegers bedient.

Die Parteien können jedoch gegen den Beschluss des Rechtspflegers Beschwerde einlegen und diesen somit anfechten, falls sie Zweifel an seiner Richtigkeit haben. Der Betroffene kann also auch selbst eine Verkehrswertermittlung in Auftrag geben, das Gericht ist aber nicht nur an diesen gebunden und setzt häufig einen objektiven und neutralen Sachverständigen ein, der den Wert beurteilt.

Gutachten eines Sachverständigen

Tipps für ein optimales Gutachten:

  • systematischer Aufbau
  • übersichtliche Gliederung
  • Hervorheben des Wesentlichen

Der Rechtspfleger kann wiederum an den Sachverständigen den Auftrag erteilen, ein Verkehrswertgutachten zu erstellen. Der Sachverständige hat dann alle wertbeeinflussenden Faktoren zu erfassen. Es gibt keine gesetzliche Regelung, wie ein Gutachten aussehen sollte. Aus Rechtssprechung und Literatur haben sich jedoch Grundsätze entwickelt, an die sich die Sachverständigen halten.

Wertermittlungen müssen systematisch aufgebaut sein, zudem sollten sie übersichtlich gegliedert, begründet und auf das Wesentliche beschränkt sein. Die Schwierigkeit liegt darin, dass die Ergebnisse für den Laien nachvollziehbar und für den Fachmann nachprüfbar sind. Die Verwertbarkeit des Gutachtens ist entscheidend von dessen Nachprüfbarkeit abhängig.

Vorsicht ist bei sogenannten „Kurzgutachten“ geboten, weil der Sachverständige nicht dazu berechtigt ist, sich mit einer bloßen Ergänzung zur Bezeichnung seiner Gutachten der Verpflichtung zur Gewissenhaftigkeit zu entziehen. Das Gutachten umfasst mehrere Teile, die voneinander zu trennen sind, um sie für Dritte verständlich zu machen.
Im Einzelnen sind dies:

  • Tatsachenfeststellung
  • Analyse und Beurteilung
  • Begründung und Bemessung der Wertansätze
  • Bewertung
  • Bemessung des Verkehrswertes

Das Verkehrswertgutachten muss auf den Empfänger zugeschnitten sein, zum Beispiel durch Erläuterungen von Begrifflichkeiten.
Häufige Fehler bei Wertermittlungsgutachten:

  • Auftrag und Auftragsbedingungen sind nicht eindeutig
  • Bewertung beruht nicht auf Daten des Immobilienmarktes und eine Marktanalyse fehlt
  • Das Objekt ist nicht ausreichend untersucht und erfasst worden
  • Die Untersuchungen und Ergebnisse sind nicht nachvollziehbar oder nicht überprüfbar
  • Widersprüchliche oder unvollständige Ausführungen
  • Quellen sind unzureichend oder fehlen
  • Falsche oder fehlende Begründungen für Bewertungen oder Schlussfolgerungen
  • Regeln der Verkehrswertermittlung wurden nicht angewandt

ZwangsversteigerungVerkehrswertFehler

Zusammenfassung

Verkehrswertgutachten in der Zwangsversteigerung unterscheiden sich nicht besonders von anderen Verkehrswertgutachten, wenn man von den Besonderheiten des Zwangsversteigerungsverfahrens absieht. Das Trennungsprinzip ist auf jeden Fall zu berücksichtigen, damit das Gutachten für Dritte verständlich wird. Inhalt und Aufbau des Gutachtens sind auf Grundlage der ImmoWertV zu strukturieren und auf den Empfängerhorizont abzustimmen.

Der Rechtspfleger legt Inhalt und Umfang des Auftrags fest und bestimmt ggf. die besonderen Umstände der Wertermittlung. Der Rechtspfleger beantwortet Rechtsfragen und nicht der Sachverständige. Ein Wort zum Sachverständigen: Diesen sollte man immer in das Haus hineinlassen. Zwar kann der Zutritt verweigert werden, dies ist aber nicht zu empfehlen. Der Sachverständige kann das Gutachten für Ihr Haus auch erstellen, wenn Sie ihn nicht in das Haus lassen, aber es wird negativer ausfallen, weil er wertsteigernde Faktoren nicht berücksichtigen kann.

Allein im Jahr 2016 wurden mehr als 31.000 Immobilien versteigert, 70% waren Wohnimmobilien. Schnäppchenpreise lassen sich jedoch kaum erzielen, weil die Nachfrage sehr hoch ist. Einige Wochen vor dem Termin werden die Objekte per Aushang oder Tagespresse, manchmal auch im Internet, ausgeschrieben.

Wenn das Objekt nicht vollständig besichtigt werden kann, muss der Sachverständige einen Abschlag vornehmen. Die Zurückweisung kann dazu führen, dass bis zu 30% des ermittelten Gebäudewertes nicht erkannt werden. Dadurch kann der Gebäudewert niedriger sein als der offene Kreditsaldo bei der Bank. Daraus folgt, dass nicht nur das Haus verloren geht, sondern dass auch noch Schulden zurückbleiben. Das Gericht wird dem Sachverständigen zur Seite stehen und Ihnen ankreiden, wenn Sie diesem keinen Zutritt gewährt haben.

Für Interessenten kommt es darauf an, eine geeignete Immobilie herauszufiltern und sich gründlich darüber zu informieren. Für die meisten Familien bedeutet ein Eigenheim die größte Investition des Lebens und sollte deshalb gut durchdacht sein. Wertgutachten sollten deshalb gründlich durchgelesen werden, sonst kann der Käufer eine böse Überraschung erleben und sich kräftig verspekulieren.

Besonders schwierig ist es, das Objekt genau in Augenschein zu nehmen, weil sich der Besitzer oft querstellt. Der Käufer kann versuchen, die Nachbarn zu befragen oder einen äußeren Eindruck zu erhalten. Es ist stets ratsam, einen Sachverständigen zu konsultieren und mit ihm gemeinsam das Objekt zu besichtigen, denn der Experte kann problemlos grobe Mängel von außen erkennen. Werden diese Punkte beachtet, gestaltet sich der eigentliche Bieterprozess relativ einfach.